Mit Unterstützung von Ewa Malys und Norman Franzke, beide für die Stadt Cottbus tätig, fand im Kulturladen Neu-Schmellwitz am 15. November 2023 eine Begegnungsveranstaltung für Menschen mit Fluchterfahrung und Seniorinnen und Senioren statt.
Besonders die unterschiedlichen Fluchtgeschichten von drei Anwesenden zogen die Aufmerksamkeit auf sich. Ein Teilnehmer, der 1995 sein Ingenieur-Studium abgeschlossen hatte, sah danach in seinem Heimatland Algerien keine Perspektive und Zukunft für sich. Für Tschechien konnte er sich damals ein Visum kaufen. Nach fünf Monaten entschied er sich mit zwei weiteren Männern in einem Güterzug nach Deutschland zu kommen, um ein besseres Leben beginnen zu können. Sein Studium wurde hierzulande nie anerkannt, aber nach Deutschland zu kommen, sei seine Entscheidung gewesen. Mittlerweile besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet als Familienhelfer.
Ein weiterer Teilnehmer kam vor ca. zwei Jahren aus der Ukraine nach Cottbus. Die Rückfrage einer Seniorin, warum er als Mann aus der Ukraine ausreisen konnte, beantwortete er mit seinem Alter. In der Ukraine war er bereits Rentner und so konnte er das Land verlassen. In Cottbus besucht er zwar einen Sprachkurs, aber es sei gut, dass ein anderer Teilnehmer russisch spreche. Die Seniorinnen und Senioren hatten einige Nachfragen an ihn. Ob Ukrainisch oder Russisch seine Muttersprache sei oder wie das Leben momentan in der Ukraine sei. Er sei vor Kurzem wieder dort gewesen und berichtete neben sozialen auch von dramatischen ökologischen Folgen. Neben dem hohen Ausstoß von Treibhausgasen, falle durch die Luftverschmutzung das Atmen schwer.
Die Fluchterfahrung einer Teilnehmerin lag schon etwas länger zurück. Nach dem Putsch in Chile im Jahr 1973 beschloss das DDR-Politbüro „Solidaritätsmaßnahmen“ zur Aufnahme politischer Flüchtlinge aus Chile und so hatte sie als Mädchen gemeinsam mit ihrer Familie das Land verlassen. Sie sei sofort in die Schule gekommen, ihre Eltern durften direkt arbeiten. Dort sah sie zu aktuellen Praktiken große Unterschiede, was es den Leuten einerseits erschwert, die Sprache zu lernen und andererseits das Angekommen und Einleben erschwert. Ihre Eltern seien 1988 zurückgekehrt, sie und ihre Geschwister blieben in Cottbus. Auch die deutsche Wiedervereinigung war für sie, wie für viele Ostdeutsche geprägt von Unsicherheiten und Orientierungslosigkeit, wo alle „ihren Weg finden mussten“.