Mit Unterstützung von Ulrike Duyster veranstalteten wir am 28. August 2023 eine Begegnungsveranstaltung für Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte im AWO Begegnungszentrum Aachen-Ost, wobei bereits bei der Vorstellungsrunde deutlich wurde, dass nur zwei der Anwesenden gebürtig aus der nordrheinwestfälischen Stadt stammen. Mit dabei ist beispielsweise eine Frau, die nach dem Zweiten Weltkrieg als siebenjähriges Mädchen mit ihren Eltern und Schwestern zwei Jahre auf der Flucht von Ostpreußen war. Mit ihrer Schwester, die in Australien lebt, würde sie mittlerweile viel über diese Zeit reden, ihre älteste Schwester konnte nie über die Kriegsjahre sprechen. „Sie waren ja älter und haben das ganz anders erlebt. Ich verstehe das auch“, sagte sie.
Anwesend war auch die aus Syrien kommende Physikerin Ferjal, die vor drei Jahren mit ihrer Tochter nach Aachen gezogen ist, Amélie aus Frankreich, die aus beruflichen Gründen ihres verstorbenen Mannes bereits in der Ukraine gelebt hat und mit ihren drei Töchtern in Aachen wohnt, oder die 18-jährige Natalia aus der Ukraine, die erst seit einem halben Jahr in Düren lebt, aber gerne für ein Informatikstudium nach Aachen ziehen möchte. Brigitte erzählte ebenfalls von ihrer Fluchtgeschichte: Sie ist 1956 mit 17 Jahren aus der DDR geflüchtet. Im Notaufnahmelager Marienfelde benötigte sie die Einwilligung ihrer Eltern und so kam sie zu Verwandten nach Aachen. Sie berichtete von ihren anfänglichen Schwierigkeiten, den Aachener Dialekt zu verstehen und dass sie damals oft auf ihre Flucht reduziert wurde. Auch Mathilde pflichtete bei „Man bleibt Flüchtling.“ Der 2016 aus Syrien geflüchtete Mehdi, der mittlerweile im sechsten Semester Soziale Arbeit studiert, berichtete, dass er häufig erlebe, als „anders“ wahrgenommen zu werden. Für ihn war es, ähnlich wie für Brigitte, anfangs herausfordernd, sich an die neue Sprache zu gewöhnen und sie zu erlernen. Brigitte konnte nicht nachvollziehen, dass manche Eltern mit ihren Kindern nicht deutsch sprechen. Dieses Thema wurde emotional diskutiert, denn Ayla, die vor 19 Jahren aus Syrien nach Aachen kam, sieht es heute kritisch, dass ihre deutsche Mutter mit ihr nicht deutsch gesprochen hat und sie nun gebrochenes Deutsch spricht. Mit ihren drei Kindern spreche sie selbst ihre Muttersprache arabisch, diese aber untereinander deutsch, denn im Kindergarten und der Schule, so Ayla, lernen die Kinder sowieso deutsch.
Auf die abschließende Frage, was wichtig im Leben sei, sagte Jan, einer der wenigen Ur-Aachener an diesem Tag, dass ihm Menschenrechte und die soziale Arbeit sehr am Herzen liegen würden. Deswegen engagiere er sich nun in der Rente auch ehrenamtlich bei Amnesty International. Zu der Begegnungsveranstaltung war er zusammen mit dem 33-jährigen Iraker Mohamed gekommen, mit dem er regelmäßig deutsch übt. Amélie meint, Begegnungen, „wie hier heute“, seien das was am Ende des Lebens wichtig sind.